fbpx
Weltbienentag vereint Landwirte und Imker

Weltbienentag vereint Landwirte und Imker

Der 20. Mai wurde als „Weltbienentag“ ins Leben gerufen. Imker, Landwirte und die Landnutzer generell wissen, dass die Bienen für die menschliche Ernährung die drittwichtigste Nutztierart nach Rindern und Schweinen sind. Dabei steht nicht nur der allen bekannte Umstand im Fokus, dass Bienen Honigproduzenten sind, vielmehr ist es die Bestäubungsleistung der fleißigen Insekten, die auch aus den ökologischen Gesamtzusammenhängen heraus essentiell für die gesamte Landnutzung ist.

Bienenstöcke weltweit

Das Forum Natur begrüßt es daher außerordentlich, dass der Weltbienentag zu einer umfassenden Befassung mit dem Bienen- und Insektenschutz führt. Gerade auch diese Debatte ist geprägt von Missverständnissen und Halbwahrheiten, die der Sache nicht gut tun. So ist es beispielsweise gerade die Honigbiene, deren Bienenstöcke nach Angaben der „Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen“ weltweit seit Jahren zunimmt, während viele Wildbienenarten drastische Bestandsrückgänge zu verzeichnen haben. So ist in Europa ungefähr jede zehnte Wildbienenart vom Aussterben bedroht und bei mehr als der Hälfte der Arten gibt es keine verlässlichen Daten zu den Beständen. Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Bienenstöcke in Deutschland seit den 80ger Jahren aber drastisch ab. So rafft die gerade mal 1,7 Millimeter kleine Varroamilbe im Winter immer wieder zahlreiche Bienenvölker dahin.

Bienenstöcke in Deutschland

Dass unsere Honigbiene dennoch nicht in akuter Gefahr ist, ist das Verdienst der Imker, denn die Völker lassen sich nachzüchten. „Die Honigbiene wird das letzte Insekt sein, das ausstirbt“, stellte daher kürzlich Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, in einem Interview klar. „Sie ist nicht bedroht, solange es Imker gibt.“ Notwendig ist daher der Schutz und die Förderung der Imkerei als eine der genauso klassischen wie essentiellen Formen der Landnutzung. Gleichzeitig müssen wir die Landnutzung, insbesondere die Agrar- und Forstwirtschaft so gestalten, dass sowohl die Honigbienen, wie auch die Wildbienenarten einen Lebensraum vorfinden, der ihre Existenz nachhaltig sichert.

Dieser Aufgabe widmet sich auch das Forum Natur mit seinem Blühflächenprogramm. Alleine in diesem Jahr haben sich über 60 Landwirtschaftsbetriebe bereit erklärt Blühflächen anzulegen und werden beim Saatgutkauf mit einem Förderprogramm des Forums unterstütz. Voraussetzung für die Förderung ist die Abstimmung der Anlage der Flächen mit dem örtlichen Imker und dem zuständigen Jagdpächter; denn nur in der Zusammenführung des Wissens und der Erfahrung in der Bewirtschaftung der Kulturlandschaft liegt der Erfolg für eine bewahrte Umwelt!

Da das Programm aus Spenden finanziert wird, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Haben Sie Interesse?

Über eine Onlinespende freuen wir uns!

Direkte Mitgliedschaft in den GUV

Direkte Mitgliedschaft in den GUV

Mitgliederinformation zur Antragstellung auf Mitgliedschaft in den GUV

Mit den durch den brandenburgischen Landtag beschlossenen Änderungen der wasserrechtlichen Vorschriften wird es zum 1. Januar 2019 erstmalig möglich sein, dass die Eigentümer von Grundflächen „direkte Mitglieder“ in den Gewässerunterhaltungsverbänden werden. Wenn einzelne Eigentümer von dieser neuen Möglichkeit Gebrauch machen wollen, so müssen Sie bis spätestens zum 1. Juli des jeweiligen Vorjahres, einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Unterhaltungsverband stellen. Im Rahmen dieses Antrages müssen eine Reihe von rechtlichen Voraussetzungen erfüllt werden, so muss der Eigentümer unter anderem die jeweiligen Antragsvoraussetzungen (Nachweis seines Eigentums) darlegen.

Um diese Antragstellung für interessierte Mitglieder der Verbände des Forums Natur möglichst einfach zu gestalten, hat sich der „Arbeitskreis Wasser“ in bewährter Art und Weise auf einen gemeinsamen Musterantrag als Empfehlung verständigt. Besonders erfreulich ist es, dass an den entsprechenden Abstimmungsrunden auch die Vertreter der Wasserabteilung des zuständigen Ministeriums teilgenommen haben; eine Zusammenarbeit, die für die Zukunft verstetigt werden soll.

So wie die wasserrechtlichen Vorschriften allgemein eine überaus komplexe Gesetzesmaterie darstellen, so gibt es auch in Bezug auf die mögliche Antragstellung unterschiedliche Sichtweisen, insbesondere bezüglich der rechtskonformen Erfüllung der Antragsvoraussetzungen. Die Mitglieder im „AK Wasser“ haben daher einen Musterantrag entworfen, der so konzipiert ist, dass er ein möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit bei der Stellung des „Erstantrages“ (Antragstellung in 2018 für die Mitgliedschaft ab 01.01.2019) bietet. Denn die direkte Mitgliedschaft soll nicht gleich zu Beginn an Formalitäten scheitern. Der mit einer möglichst rechtssicheren Antragstellung verbundene unvermeidliche Aufwand wird nur einmal anfallen. Strittig ist beispielsweise, mit welchen Dokumenten das Eigentum genau nachzuweisen ist. Als rechtssicherste Variante empfehlen die Verbände daher unbeglaubigte Grundbuchauszüge vorzulegen, die möglichst nicht älter als drei Monate sein sollten. Es bleibt natürlich dem Antragsteller belassen, inwieweit er sich diesen Empfehlungen anschließen will.

Nachfolgende Hinweise sollen die Antragstellung erleichtern:

1. Fristgerechte Antragstellung

Wer aufgrund der neuen Gesetzeslage ab dem 01.01.2019 (direktes) Mitglied in seinem „Wasser- und Bodenverband“ (Gewässerunterhaltungsverband) werden will, muss den Antrag auf direkte Mitgliedschaft unbedingt rechtzeitig vorab stellen – nach dem Gesetz bis spätestens zum 01.07.2018. Da dieser Tag allerdings auf einen Sonntag fällt, empfiehlt es sich, den Antrag bei dem betreffenden Wasser- und Bodenverband rechtzeitig zu stellen, d.h.

bis spätestens zum 29. Juni 2018 (dort eingehend).

Nicht fristgerecht gestellte Anträge finden für das Kalenderjahr 2019 keine Berücksichtigung mehr.

2. Nachweis der Eigentümerstellung

Direktes Mitglied kann man nur mit Eigentumsflächen werden. Eigentümer eines Grundstücks sind nur im Grundbuch als solche eingetragene Eigentümer. Jeder Antragsteller ist gegenüber dem Wasser- und Bodenverband zum Nachweis seiner Eigentümerstellung hinsichtlich der Grundstücke verpflichtet, für die die direkte Mitgliedschaft beantragt wird. Bei einer Mehrheit von Antragstellern (z.B. Miteigentümer in einer Erbengemeinschaft) gilt dies für alle Antragsteller entsprechend.

Bitte bedenken Sie bezüglich ihrer Antragstellung, dass es gegenwärtig sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen in den einzelnen Gewässerunterhaltungsverbänden des Landes gibt. So existiert in einigen Gemeinden des Landes beispielsweise eine Regelung, bei der die Beiträge zu den Unterhaltungsverbänden über die jeweilige Grundsteuer abgegolten werden. Zwar ist diese Art der Beitragserhebung nicht unmittelbar an das Grundsteueraufkommen gebunden (die Grundsteuer wird nach der gegenwärtigen Rechtsprechung anlasslos erhoben), führt in der Praxis einer direkten Mitgliedschaft aber faktisch zu dem Umstand, dass das direkte Mitglied möglicherweise zukünftig mit einer Doppelbelastung belegt ist (Beitragszahlung an den Gewässerunterhaltungsverband und zusätzliche Belastung einer faktisch erhöhten Grundsteuer).

Sollten ihre Eigentumsflächen in einer solchen Gemeinde liegen so müssen Sie entscheiden, ob sie das Risiko einer faktischen Doppelbelastung tragen wollen oder aber eine Antragstellung erst zu einem späteren Zeitpunkt bei Klärung dieser Problemlage vornehmen. Alternativ empfehlen wir betroffenen Eigentümern, dass sie einen Antrag auf direkte Mitgliedschaft im Gewässerunterhaltungsverband mit einem kleineren Flächenanteil ihres Eigentums stellen (ein oder mehrere Flurstücke in der Gesamtgröße von ca. 1 ha), um damit bereits zum Januar des kommenden Jahres ein Mitspracherecht in den Verbänden zu erlangen ohne dem Risiko einer Doppelbelastung ausgesetzt zu sein. Nachteilig an dieser Lösung ist es natürlich, dass der Eigentümer dann nur ein Stimmrecht auf Basis des kleineren Eigentumsanteils erhält, mit dem er auf Basis des verminderten „Eigtumsnachweises direktes Mitglied im Gewässerunterhaltungsverband geworden ist.

Das Gesetz spricht nur von „Nachweis“ des Eigentums. Was konkret als Nachweis anzuerkennen ist, regelt das Gesetz nicht näher. Die Verbände der Landnutzer stehen auf dem Standpunkt, dass jede Art von Nachweis ausreicht, aus der sich die Eigentümerstellung des Antragstellers hinreichend eindeutig ergibt (z.B. Ausdruck einer aktuellen Flurstückliste der Kommune, aus der der Eigentümer hervorgeht). Das Ministerium (MLUL) hält demgegenüber den Nachweis der Eigentümerstellung durch Vorlage von Grundbuchauszügen (unbeglaubigt) für erforderlich.

Hinsichtlich der Art des erforderlichen Nachweises besteht also derzeit kein Konsens. Für den Erstantrag, d.h. die Mitgliedschaft ab dem 01.01.2019, sollte es jedoch keine Diskussionen über einen ausreichenden Nachweis der Eigentümerstellung geben und möglichst rechtssicher verfahren werden. Die direkte Mitgliedschaft soll nicht gleich zu Beginn an Formalitäten scheitern. Es wird jedenfalls für den Erstantrag des Jahres 2018 empfohlen, den Eigentumsnachweis durch Übersendung aktueller (möglichst nicht älter als 3 Monate; Beglaubigung nicht erforderlich) Grundbuchauszüge zu erbringen.

Da die Beschaffung aktueller Grundbuchauszüge eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen kann, soll für den Fall, dass eine rechtzeitige Beschaffung der erforderlichen Unterlagen innerhalb der Antragsfrist (29.06.2018) nicht möglich ist, ausnahmsweise eine Frist zur Nachreichung der Eigentumsnachweise bis spätestens 31.07.2018 gewährt werden. Für danach eingehende Unterlagen liegt es in der Hand des Verbandes, ob er sie noch für eine Mitgliedschaft ab 2019 gelten lässt oder erst für die Zeit danach.

3. Empfehlung

Stellen Sie unbedingt rechtzeitig (bis zum 29.06.2018) Ihren Antrag auf direkte Mitgliedschaft, auch wenn Ihnen aktuelle Grundbuchauszüge noch nicht vorliegen sollten.

Stellen Sie Ihren Antrag nicht unter Verwendung Ihrer E-Mail. Auch wenn das Gesetz keine besonderen Formvorschriften vorsieht, raten wir zu einer sicheren, nachverfolgbaren Versendungsart (also Einschreiben/Rückschein oder Paket). Die Übersendung des Antrages vorab per Telefax zur Fristwahrung (ggf. auch ohne Anlagen) ist hilfreich.

Für den Fall von Rückfragen sprechen Sie Ihre Interessenvertretung telefonisch an!

Den Musterantrag können Sie nachfolgend entweder als Word- oder als PDF-Dokument downloaden:

 

Eine Übersicht über die Gewässerunterhaltungsverbände und deren Anschriften finden Sie unter:

http://service.brandenburg.de/lis/detail.php/257938

Alte Wölfe und neue Märchen

Alte Wölfe und neue Märchen

„Alte Wölfe und neue Märchen – Erfahrungen aus Brandenburg!“

von Gregor Beyer, Eberswalde

Der nachfolgende Text stellt die Verschriftlichung von verschiedenen in Bayern und Baden-Württemberg Anfang des Jahres 2018 gehaltenen Vorträgen dar, anlässlich derer sich der Verfasser mit den Erfahrungen der Wiederetablierung des Wolfsbestandes in Brandenburg auseinandergesetzt hat. Auf die Folien und Grafiken zum Vortrag wird am Ende des Textes als Downloadlink verwiesen.

Brandenburg ist Wolfsland! Wenngleich die flächige Wiederbesiedlung unseres Landes mit dem Wolf zunächst in der Region um das sächsisch-brandenburgische Grenzgebiet seinen Ausgang nahm und in den ersten Jahren insbesondere das Bundesland Sachsen im Fokus stand, so können wir mittlerweile feststellen, dass wohl Brandenburg das erste deutsche Bundesland sein wird, in welchem diese Tiere wieder vollständig heimisch werden oder schon geworden sind. Insofern ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass in keinem anderen Bundesland die damit unweigerlich verbundene Auseinandersetzung zwischen verschiedenen betroffenen Interessengruppen zwischenzeitlich mit einer teils beängstigenden Schärfe geführt wird.

Jüngstes Beispiel dafür war das im Zuge des brandenburgischen Wolfsmanagements Ende des Jahres 2017 abgehaltene große Wolfsplenum, bei dem alle gesellschaftlich relevanten Gruppen an einem Tisch zusammenkamen und bei dem sich schlussendlich annähernd tumultartige Szenen abspielten. Gleichwohl, obwohl sich die Ursachen für das Scheitern dieser Veranstaltung insbesondere in der mangelnden Vorbereitung der verantwortlichen verwaltungsseitigen Akteure und insbesondere in einem gänzlichen Versagen des Moderators der Veranstaltung lagen, so sind dennoch einige tiefer liegende Ursachen in langjährigen Fehlentwicklungen in der Wolfsdebatte insgesamt zu suchen. Die folgenden Ausführungen sind daher als der ausdrücklich unwissenschaftliche, weitgehend emotionslose aber dennoch gesellschaftspolitisch unterlegte Versuch zu verstehen, einige Erfahrungen aus Brandenburg zu schildern und dabei im besten Fall einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte zu leisten.

 

Wissen statt Märchen

Das Credo jedes erfolgversprechenden Wildtiermanagements lautet: „Wissen statt Märchen!“

Wollte man die Erfahrungen aus dem Bundesland Brandenburg in Sachen Wolfsmanagement auf einen essenziellen Satz zusammenführen, so müsste man festhalten, dass „Wildtiere die Akzeptanz derer besitzen müssen, die von ihnen betroffen sind“. Gleichsam sollte man ergänzen, dass insbesondere die Akzeptanz bei jenen vorhanden sein muss, die von diesen Wildtieren wirtschaftlich besonders betroffen sind. Diese Feststellung kann gewissermaßen als das Credo eines jeglichen erfolgversprechenden Wildtiermanagements bezeichnet werden und trifft auf jede in der Kulturlandschaft lebende Wildart zu. Es ist dabei gänzlich unerheblich, ob es sich um Wölfe, um Rotwild, um Kormorane, um Biber oder um eine der anderen oftmals als Problemtierarten bezeichneten Gruppen handelt. Wer sich der Übung unterzieht und dies berücksichtigen möchte, der ist gut beraten, wenn er dabei in Inhalt und Kommunikation den daraus entstehenden Grundsatz beachtet: „Wissen statt Märchen!“

Dies ist deshalb so essenziell, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass jedes einzelne unter Umständen auch aus lauteren Motiven erzählte Märchen über eine Wildtierart die Atmosphäre zwischen Akteursgruppen und deren Debatte spätestens dann auf Jahre hinaus vergiftet, wenn das Märchen auf die Wirklichkeit trifft und die Wildtiere dabei selbst offenbaren, dass die Versprechungen, die mit den Märchen einhergingen, nicht zu halten sind. Genau dieser Umstand des Arbeitens mit einer ganzen Reihe von Märchen über Wölfe und deren Verhalten ist in Brandenburg bis heute die innere Ursache für vielfältige Auseinandersetzungen und eine geradezu vergiftete Atmosphäre. Das Schwierige am Wirken dieser Märchen ist es, dass sie zurückzuholen, ein gigantischer und langwieriger Kraftakt ist, den man sich durch Unterlassung von „Märchenerzählerei“ vom ersten Tage an besser ersparen sollte.

 

Wölfe -ausgerottet in Deutschland?

Exemplarisch für die vielen in Brandenburg erzählten Märchen um die Wölfe und deren Rückkehr sollen nachfolgend drei aufgegriffen werden. Beim ersten Märchen handelt es sich in gewisser Weise um ein Doppelmärchen, welches insbesondere im politisch-rechtlichen Kontext des Schutzstatus der Wölfe von erheblicher Bedeutung ist. Es lautet in jeweils unterschiedlichen sprachlichen Ausprägungen, dass „der Wolf in Deutschland ausgerottet gewesen wäre“ und dass es sich bei ihm um eine sogenannte „gefährdete Art“ handele. Weder die eine noch die andere These ist bei objektiver und nüchterner Betrachtung richtig. Denn wenn man unterstellt, dass die drei neuen Bundesländer Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern 40 Jahre lang nicht zum Staatsgebiet der Bundesrepublik gehörten, so doch aber immer zu Deutschland, so ist es eine zumindest im sprachlichen Kontext fragwürdige These, von einer Ausrottung der Wölfe in Deutschland zu sprechen. Richtig ist, dass ununterbrochen seit der letzten Eiszeit mindestens im Gebiet dieser heutigen drei Bundesländer Wölfe anwesend waren. Es bedarf lediglich eines Blickes in die Jagdstatistik der ehemaligen DDR, um zu erkennen, dass jeder dort auftretende Wolf bis zum Inkrafttreten des Bundesjagdgesetzes zum 01.04.1992 geschossen wurde. Dies führte dazu, dass sich Wölfe in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr in diesen Regionen Deutschlands reproduzieren konnten und somit auch keine Rudelstrukturen aufgebaut haben.

Man mag sich darüber streiten, wie das Wort „ausgerottet“ im Kontext einer wissenschaftlichen, juristischen oder politischen Befassung exakt auszulegen ist. Gleichwohl ist diese Feststellung für ein praktisches Wolfsmanagement aus insbesondere zwei Gesichtspunkten heraus immanent wichtig. Denn erstens stand in Deutschland immer die Frage im Raum, wie wir mit den Wölfen umgehen. Dass man in der DDR in gewisser Weise das einfachste denkbare Wolfsmanagement betrieben hat, in dem jedes einzelne Tier geschossen wurde, ist alleine deshalb schon einer Betrachtung wert, weil ein solcher Ansatz heute nicht mehr Gegenstand des Umgangs mit Wölfen sein kann und darf. Ob es allerdings nur deshalb schon richtig ist, heute grundsätzlich keinen Wolf mehr zu schießen, weil man früher grundsätzlich jeden geschossen hat, ist eine lohnende Frage. Geht man dieser nach, so drängt sich einem unweigerlich der Eindruck auf, dass es sich bei einem solchen Ansatz um das leider sehr deutsche Phänomen handelt, von einem Extrem ins andere zu verfallen und sich damit selbst den Blick auf einen möglicherweise anzustrebenden Mittelweg zu verstellen. Zweitens ist diese Frage aber auch deshalb interessant, weil es keinen Zweifel geben kann, dass die nach Deutschland einwandernden und weiterwandernden Wölfe einer gesunden Populationsdynamik unterliegen, deren Gesamtpopulation sich offenbar in einem „günstigen Erhaltungszustand“ befinden muss. Wäre dies nämlich nicht so, so hätte es in den vergangenen Jahrzehnten nicht ununterbrochen einen Zuzug insbesondere junger Wolfsindividuen gegeben, die ihren Ursprung in einer derartigen Population, wo immer sich diese auch befinden mag, haben muss.

 

Wölfe -gefährdete Art in Europa?

Die meisten Verbreitungskarten zum Wolf widersprechen sich mit teils diametral abweichenden Bestandsangaben und jeweils an Verwaltungsgrenzen orientierten Vorkommensarealen.

Die vorgenannten Fragen werfen den Blick auf die zweite These des Doppelmärchens, wonach der Wolf in Europa eine gefährdete Art sei. Die Aussage, dass eine Tierart gefährdet ist, zieht automatisch die beiden entscheidenden Fragen nach sich, um welche Population dieser Tierart es sich handelt und wo diese Population genau angesiedelt ist. In gewisser Weise ist also die Frage zu stellen, auf Basis welcher räumlichen und zeitlichen Situation dieser Gefährdungsgrad eingeschätzt wurde? Wenn man dieser Frage für die europäischen Wölfe nachgeht, so stößt man in Veröffentlichungen und natürlich auch im Internet auf eine geradezu gigantische Fülle verschiedener Karten, die die sogenannten „europäischen Wolfspopulationen“ abbilden. Das Interessante an diesen Karten sind insbesondere die diversen Widersprüche, die sich offenbaren, wenn man Karten dieser Art nebeneinanderlegt. So weist beispielsweise eine Karte [1] der „Stiftung Europäisches Naturerbe (EuroNatur)“ aus dem Jahr 2011 insgesamt sieben europäische Wolfspopulationen aus, von denen die größte die „karelisch-baltische Population“ mit rund 4.300 Individuen sein soll. Legt man neben diese eine Verbreitungsgebietskarte [2] des WWF Deutschland aus dem Jahre 2014, so stellt man verwundert fest, dass aus der „karelisch-baltische Population“ eine „karelische Population“ mit rund 150 Tieren und eine „baltische Population“ mit rund 1.000 Tieren geworden ist. Was genau dazu geführt hat, dass diese innerhalb weniger Jahre auseinandergefallen ist, bleibt das Geheimnis des Erstellers der Karte. Gleichwohl lüftet sich aus der Darstellung aber das Geheimnis, warum in der Summierung der beiden nunmehr eigenständigen Populationen im Rahmen eines gigantischen Schrumpfens die vormals 4.300 Wölfe umfassende „karelisch-baltische Population“ in der Addition nun deutlich weniger als 2.000 Individuen umfasst. Dies erklärt sich schlichtweg daraus, dass auf der Karte die politische „EU-Außengrenze“ nun zu einer Populationsgrenze wird und alle hinter diesem eisernen Vorhang lebenden Wölfe nicht mehr in die Betrachtung einbezogen werden. Man darf solcherlei Darstellungen wohl als „populationsbiologisch-politische Taschenspielertricks“ bezeichnen!

Ohne diese hochinteressanten Aspekte weiter vertiefen zu wollen, lassen sich mit Sicherheit drei Dinge festhalten [3]:

  1. Die sogenannten europäischen Wolfspopulationen sind nahezu willkürlich und offenbar aus politischen Erwägungen heraus festgelegt. Dabei werden einfach reine Verwaltungsgrenzen zu Populationsgrenzen oder vormals zusammenhängende Betrachtungen werden ganz nach politischer Opportunität getrennt.
  2. Dabei wird ganz offenbar der zweifelsfrei vorhandene Genaustausch zwischen den verschiedenen Populationen nicht berücksichtigt und damit unterstellt, als würde es sich bei den verschiedenen auftretenden Wolfsvorkommen um jeweils isolierte Populationen handeln, die jeweils für sich genommen eine wie auch immer zu definierende Anzahl von Individuen erreichten müssten, bevor sie als im Erhaltungszustand gesichert gelten könnten. Dass dabei in der politischen Auseinandersetzung immer eine Zahl von 1.000 Tieren genannt wird, ist nebenbei übrigens ein weiteres „Schmankerl der Debatte“, da diese Zahl vor vielen Jahren für Schalenwildarten diskutiert wurde und es zumindest überaus fraglich ist, ob eine solche Zahl als Grundlage für die Beurteilung von Wolfspopulationen geeignet ist.
  3. Noch wichtiger ist der Umstand, dass in der politischen Debatte grundsätzlich die beiden zu trennenden Begriffe „Bestand“ und „Population“ durcheinandergeschmissen werden und jeweils so Anwendung finden, wie es dem entsprechenden Personenkreis gerade in die politische Argumentation passt.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass es sich beim Wolf in Europa mit Sicherheit um keine gefährdete Art handelt, sondern dass die Debatte viel eher die Frage in den Raum wirft, ob nicht der menschliche Verstand als gefährdet zu betrachten ist.

 

Der Wolf -das scheue Tier?

Empfehlungen aus anderen Ländern -hier aus Alaska- zum Verhalten in Wolfsgebieten sind oftmals deutlich realistischer als weitgehend „schöngefärbte“ Publikationen aus Deutschland.

Das zweite in Brandenburg ursprünglich weit verbreitete Märchen, das die Debatte bis zum heutigen Tag belastet, war die Aussage, dass der Wolf ein scheues Tier sei, das man nie sehe. Mit dem exponentiell anwachsenden Bestand an Wölfen zeigte sich jedoch recht schnell, dass der Wolf insbesondere auch in den Ortslagen durchaus ein sichtbares Tier ist. So ist es mittlerweile in Brandenburg alles andere als eine Seltenheit, dass Wölfe mitten in den Ortslagen von Dörfern Schafe oder Ziegen reißen und durchaus auch in menschlicher Nähe sichtbar sind. Dabei machen übrigens auch jahrelange Erfahrungen aus jenen Ländern, in denen Wölfe schon immer und durchgängig vorgekommen sind, deutlich, dass es sich dabei um alles andere als ein außergewöhnliches Phänomen handelt. So gibt beispielsweise das „Alaska Department of Fisch & Game“, institutionell vergleichbar als das Umweltministerium des US-amerikanischen Staates Alaska, in einer hochinformativen Informationsbroschüre [4] eine ganze Reihe von Empfehlungen, die für sich genommen deutlich machen, dass man in Gebieten, in denen Wölfe leben, eben auch mit der Anwesenheit dieser Wölfe rechnen muss und dass das Aufeinandertreffen von Menschen und Wolf zu Verhaltensänderungen der Menschen führen muss.

Letzten Endes kann man es auf die sehr einfache Formel bringen, dass der Wolf nur so lange scheu ist, wie er bejagt wird. Solange Wölfe nicht bejagt werden, sehen sie Menschen nicht als Gefahr an und entsprechen eher dem, was man gerne mit dem Begriff des sogenannten „Kulturfolgers“ belegt hat. Dass diese Sichtbarkeit von Wölfen sehr schnell zu einem Problem werden kann, hat sich in Brandenburg anhand des ersten „Problemwolfes“ gezeigt. Dieses Tier schlich Ende 2017 mehrere Tage im Vorgarten einer Kindertagesstätte im brandenburgischen Rathenow umher und war der erste Wolf, für den eine staatliche „Vergrämungs- und Abschussgenehmigung“ erteilt wurde. Problematisch bezüglich dieser Tiere ist vor allem der Begriff des „Problemwolfes“ selbst. Brandenburger Erfahrungen machen deutlich, dass der Umstand, ob ein Wolf zu einem Problem wird, lediglich eine Frage von Ort, Zeit und Gelegenheit ist. Der Terminus Problemwolf ist vor allem ein menschliches Konstrukt, das dem Wunsch entspringt, Wölfe in die beiden Schubladen „gute Wölfe“ und „Problemwölfe“ einordnen zu wollen. Langfristig wird ein solcher Ansatz in die Irre führen und hat in Brandenburg mittlerweile zu der Erkenntnis beigetragen, dass Wölfe an falschen Orten eher als „Lupus non Gratus“ bezeichnet werden sollten. Die Idee, die dahintersteht, ist weniger die auf sogenanntes „problematisches Wolfsverhalten“ abzustellen, bei dem es sich meist um völlig normales Verhalten eines Raubtieres handelt, sondern vielmehr Orte festzulegen, an denen Wölfe grundsätzlich nichts zu suchen haben. In Zukunft wird dieser Aspekt im praktischen Wolfsmanagement einen voraussichtlich breiten Raum einnehmen müssen.

 

Der Wolf ist auch nur ein fauler Hund!

Eine Mutterkuh im Landkreis Potsdam-Mittelmark mit verlorenem Kalb. An den Verletzungen der Lauscher erkennt man, dass das Tier offenbar versucht hat sein Kalb gegen den Wolf zu verteidigen.

Beim dritten Märchen handelt sich um jenes, welches wie kein anderes bis zum heutigen Tag die Debatte, insbesondere zwischen Vertretern des Naturschutzes und Vertretern betroffener Landnutzergruppen, vergiftet hat. Es lautet in seiner einfachen und auf den Punkt gebrachten Form, dass sich der Wolf vorrangig an Wildtieren bediene, selten an Schafen, nie an Rindern und dass Pferde für ihn unerreichbar seien. Man kann dieses Märchen nach allen Brandenburger Erfahrungen mit der einfachen Formel, „der Wolf ist auch nur ein fauler Hund“, in das Reich der Mythen verweisen. Problematisch ist dieses Märchen vor allem deshalb, weil in keinem anderen Bereich die sich relativ schnell zeigenden Bilder so sehr dem widersprochen haben, was einige „Wolfsfreunde“ meinten in der Anfangszeit kommunizieren zu müssen. So ist mittlerweile das gesamte Spektrum der in Brandenburg vorkommenden Weidetiere in unterschiedlich starker Form vom Wolf betroffen. Und selbst über das Spektrum der Weidetierarten hinausgehend, gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Fällen, wo Wölfe Haushunde mindestens attackiert haben oder im Falle von Hunden im jagdlichen Einsatz diese nachgewiesen auch töteten.

Dieses Phänomen lässt sich zwischenzeitlich auch zweifelsfrei aus der „Nutztierrissstatistik“ des Landes Brandenburg ablesen, wobei die verschiedenen Zahlen ziemlich deutlich mit den jährlich zu erwartenden Zuwachsraten der Wolfsbestände von rund 30 v. H. des Vorjahresbestandes korrelieren. Wie von vielen Verantwortlichen ab Mitte der 90er Jahre vorausgesagt, wird die „Nutztierrissstatistik“ ab 2007 von Schafen begründet und von diesen eine lange Zeit dominiert. Zwischenzeitlich sind aber genauso die Rinderhalter betroffen und mittlerweile sind auch die ersten Risse von Pferden zu verzeichnen. Für die gesellschaftspolitische Debatte erschwerend ist dabei der Umstand, dass eine Reihe von Interessenvertretern die „Nutztierrissstatistik“ des Landes mit der „Wolfsschadensstatistik“ gleichsetzen. Auch dabei handelt es sich um ein die Debatte vergiftendes Märchen, da die „Nutztierrissstatistik“ aufgrund des Aufwandes für die Anerkennung eines Wolfsrisses eine extrem hohe Dunkelziffer aufweist, sie keinerlei Angaben über verschwundene Kälber enthält, die der Wolf nach dem Riss von der Koppel gezogen hat, Sekundärschäden, wie das mittlerweile deutlich zu beobachtende Absinken der Kälbergewichte oder aber auch die Frage der Jagdpachtwertminderung in keiner Weise berücksichtigt und zudem auch die sogenannten Tertiärschäden, d.h. insbesondere die Widersprüche, die sich aus dem Erstarken der Wolfsbestände mit anderweitigen Schutzzielen ergeben (z. B. Grünlandpflege), völlig unberücksichtigt lässt.

 

Der Wolfsmanagementplan in Brandenburg

Wolfsmanagementpläne sind richtig und wichtig. In der Praxis aber bislang leider oftmals ein reines politisches „Placebo-Papier“, das in Anlehnung an die wörtliche Übersetzung „gefallen will“, ohne zu wirken!

Allen diesen Problemen und Konfliktlagen hat man im Bundesland Brandenburg über lange Zeit versucht, mit einem sogenannten „Wolfsmanagementplan“ zu begegnen. Dabei kann Brandenburg durchaus stolz darauf sein, dass es mit dem im Dezember 1994 veröffentlichten Wolfsmanagementplan [5] das erste Werk dieser Art in einem deutschen Bundesland auf den Weg gebracht hat. In diesem ersten Wolfsmanagementplan hatten die damaligen Verfasser weitgehend minutiös vorausgesagt, wie sich die weitere Entwicklung im Bundesland Brandenburg nach endgültiger Einstellung der Bejagung der Wölfe ab 1992 vollziehen würde. Da es dann jedoch einiger Jahre bedurfte, bis sich insbesondere ab 2007 mit dem Reproduzieren dieser Tierarten die ersten Probleme zeigten, geriet der erste Wolfsmanagementplan des Landes schnell in Vergessenheit. Als die Probleme um die Jahrtausendwende anfingen immer offenbarer zu werden, besann man sich leider nicht auf den alten Managementplan, sondern gab in aller Hektik und Eile einen neuen „Managementplan für den Wolf in Brandenburg“ [6] in Auftrag. Dieser im Jahr 2013 in Kraft und mittlerweile zum Ende des vergangenen Jahres ohne Verlängerung außer Kraft getretene Managementplan war letzten Endes nichts anderes als ein rein politisches „Placebo-Papier“, das in Anlehnung an die wörtliche Übersetzung „gefallen wollte“, ohne zu wirken! Dem üblichen politischen Ansatz darin folgend, schrieb man in einem Kapitel acht sogenannte „weitergehende politische Forderungen“ zusammen, auf die man sich erst in der Folgezeit für nach 2017 einigen wollte. Genau genommen handelte sich dabei um alle jene strittigen Punkte, die mit dem Wiedererstarken des Wolfsbestandes dringend hätten geklärt sein müssen, zu denen man sich damals aber politisch nicht durchringen konnte und wollte. Nur machte der Wolf in der Folgezeit das, was des Wolfes Eigenart ist. Er ließ der Politik mit jährlich 30 % Bestandszuwachs die Zeit dafür nicht. Somit wurde der Wolfsmanagementplan selbst zum größten Problem für das Erstarken des Wolfsbestandes und verfehlte nicht nur seine Zielsetzung, sondern erwies sich selbst als Brandbeschleuniger für eine ganze Reihe von Konflikten.

 

Management ohne zu managen?

Man muss gelegentlich feststellen, dass alle über Wildtiermanagement reden und nur wenige die Frage beantworten können, was Management ist!

Diese Darstellung soll nicht den Eindruck erwecken, dass Wildtiermanagementpläne insgesamt kein sinnvolles Instrument für den Umgang mit Problemtierarten seien. Managementpläne folgen gemäß ihrer Herkunft dem angelsächsischen Ansatz und darin dem berühmten Zitat des Deutschamerikaners Aldo Leopold, wonach „das Management von Wildtieren nicht schwer sei, schwer sei das Management der Menschen, die von diesen Tieren betroffen sind“. Dieser Grundansatz der Herangehensweise war und ist auch für das Wolfsmanagement richtig und wichtig! Problematisch wird es allerdings, wenn er für sich genommen bereits als alleiniger Bestandteil eines Wildtiermanagements begriffen wird und das praktische Management, insbesondere bei Erstarken der Populationen auch das praktische Bestandsmanagement, unterbleibt. Ein solcher Ansatz konterkariert jegliches sinnvolles und wünschenswertes Wildtiermanagement, da sich das Fehlen des Bestandsmanagements von Tierarten in unseren Kulturlandschaften recht schnell und überdeutlich als zentrales Problem erweist (Wem dies nicht einleuchtend ist, der möge sich die politischen Verwerfungen ausmalen, die entstehen würden, wenn wir den deutschen Waldbesitzern morgen mitteilen, dass das praktische Bestandsmanagement von Rot- und Rehwild ab sofort unterbleibt und wir statt dessen auf „Beratungsmanagement“ umschwenken!). Dass die bestehenden Managementpläne dabei meist die Ausbreitung und Zunahme der Wolfsbestände tatenlos beobachten, ist insbesondere in der politischen Kommunikation mittlerweile eines der zentralen Probleme im Land Brandenburg. Dass sie darüberhinausgehend zudem noch versuchen, mit meist überaus bürokratischen Regelungen die Betroffenen zu beruhigen, erweist sich umso mehr als Bumerang, der den eigentlichen Ansatz konterkariert.

Im Übrigen zeigen die Erfahrungen aus Brandenburg, dass es lohnend ist, sich gelegentlich mit der Frage zu beschäftigen, was Management eigentlich ist. Wenn man dazu in einschlägige Lehrbücher schaut, wobei man vor dem Blick in ein Wildbiologielehrbuch gut beraten ist, zunächst ein Betriebswirtschaftslehrbuch zur Hand zu nehmen, dann stellt man fest, dass Fachleute „Management als die Summe aller Entscheidungen definieren, die wir treffen, um zuvor vereinbarte Ziele zu erreichen. Diese sehr banale Feststellung führt zu der Frage, ob man Wölfe oder beispielsweise auch Rotwild managen kann, wenn man sich nicht über ein Bestands- und/oder Schadensziel verständigt hat. Genau darin liegt nämlich der Hase im Pfeffer! Da sich bislang alle Wolfsmanagementpläne der Bundesrepublik der Frage einer Festlegung eines „Wolfsbestandszieles“ verweigern, sind sie von vornherein zum Scheitern verurteilt. Vielmehr noch erweist es sich als problematisch, dass das Fehlen von solchen klaren Zielen das an ein jedes sinnvolles Management anschließende Controlling unmöglich macht. Wer sich nicht auf Ziele verständigt hat, der kann weder die Maßnahmen festlegen, die zur Erreichung dieser Ziele notwendig sind, noch kann er in sinnvollen Zeitabständen überprüfen, ob die getroffenen Maßnahmen dem Erreichen der Ziele dienlich waren. In solch einem nebulösen und schwammigen Umfeld muss am Ende des Tages jedes Management der Spielball diverser Interessengruppen bleiben und dient nur jenen, die kein Interesse an einer Lösung der Konflikte haben.

 

Einzelbausteine sind keine Gesamtlösung

Bei dieser Gelegenheit sei aus brandenburgischer Sicht ergänzend dargelegt, dass einzelne Bausteine einer Lösung in der Regel noch nicht die Gesamtlösung sind. So ist es richtig und wichtig, dass auch in Zukunft das Thema der Weiterentwicklung von „Weidetiergattungen“ als Schutz gegen Wölfe, genauso wie das Thema der „Herdenschutzhunde“, im Fokus stehen muss. Alle Erfahrungen aus Brandenburg machen aber überdeutlich, dass es sich dabei um einzelne Bausteine einer Lösung und eben nicht um eine Gesamtlösung handelt. Eine Gesamtlösung kann darin liegen, dass neben diesen einzelnen von den Umweltverbänden protegierten Bausteinen auch die Frage in den Vordergrund rückt, wie viele Wölfe es dereinst für Brandenburg maximal sein dürfen. Dabei ist die Politik gut beraten, eine volkswirtschaftlich zu definierende Schwelle festzulegen, bis zu der bei einem verbindlichen Rechtsanspruch für die Geschädigten, die durch den Wolf verursachten Schäden im Landeshaushalt gegenfinanziert sind. Alles, was oberhalb dieser Schwelle liegt, muss über den Weg des „aktiven Bestandsmanagements“ der Wölfe reguliert werden. Ein gutes Wolfsmanagement stellt sich rechtzeitig und in einem großen -ausdrücklich alle gesellschaftlichen Gruppen umfassenden- partizipativen Prozess der Frage, wo genau die Bestandsgrenze für Wölfe liegen soll.

 

Wolfsverordnung und Schutzjagd

Die im Februar 2018 in Kraft getretene BbgWolfV ist ein erster Schritt, wird aber die dringend notwendigen Gesetzesänderungen der FFH-Richtlinie und des BNatSchG nicht ersetzen können.

Mittlerweile schlägt das Bundesland Brandenburg langsam einen zumindest realistischeren Weg ein, dessen Beschreiten durch die mangelhafte EU- und Bundesgesetzgebung jedoch erheblich erschwert wird. Neben der Erkenntnis, dass die bislang ausgebliebene Evaluierung des Wolfsmanagementplans in Brandenburg knappgehalten werden kann, da die Menschen für die Zukunft kein Papier, sondern verlässliche Maßnahmen erwarten, hat sich Brandenburg wiederum als erstes Bundesland der Übung unterzogen und zum Februar diesen Jahres eine Brandenburgische Wolfsverordnung (BbgWolfV) in Kraft gesetzt. Diese Verordnung fußt auf der Verordnungsermächtigung des § 45, Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes und hat zum Ziel, das bestehende Recht zusammenzufassen, es dabei für den Verwaltungsvollzug operativ zu vereinfachen und -durchaus kontrovers diskutiert- die Zuständigkeiten für die Entnahme von Wölfen von den Kreisen (Untere Naturschutzbehörden) auf das Land (Ministerium, bzw. Landesamt im Vollzug) zurück zu verlagern. Dies ist ein erster und auch durchaus lobenswerter Ansatz, um zumindest im Rahmen der gegenwärtig bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zu ersten praktikablen Maßnahmen zu gelangen. Auf der Ebene der Brandenburgischen Wolfsverordnung ist es nunmehr möglich, dass Wölfe mit auffälligem bzw. mit problematischem oder gar aggressivem Verhalten nach einem in der Verordnung festgelegten Verfahren und im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Eskalationsstufen entweder gefangen, betäubt, vergrämt oder als Ultima Ratio durch Nachstellen getötet werden können.

Gleichwohl zeigt allein die Tatsache, dass es alles andere als einfach ist, für diesen Vorgang sogenannte beauftragte Personen zu finden, dass auch darin wohl nicht die schlussendliche Lösung des aktiven Wolfsmanagements liegen wird. Zwar begrüßen es die Verbände, dass bei der Beauftragung einer Person zunächst die im Gebiet zuständigen Jagdausübungsberechtigten gefragt werden müssen, schlussendlich aber nicht zur praktischen Entnahme gezwungen werden können. Gleichsam macht dieser Mechanismus auch das allgemeine Problem des praktischen Wolfsmanagements deutlich. Langfristig kann die Lösung nur darin liegen, den bewährten Rechtsrahmen des Deutschen Jagdrechtes zur Anwendung zu bringen und den Wolf als jagdbare Tierart ins Jagdrecht zu überführen. Nur in diesem Rechtskreis befindet sich der gebündelte Sachverstand und die praktische Möglichkeit, im Falle eines Falles sowohl Individuen mit problematischem örtlichen Verhalten zu entnehmen, als auch langfristig ein konsequentes Bestandsmanagement zu betreiben.

Inwieweit in Bezug auf die Weidetierhaltung der in der Brandenburgischen Wolfsverordnung geregelte Mindeststandard für zumutbare Schutzmaßnahmen für Weidetiere von Erfolg gekrönt sein wird, muss insbesondere die Praxis zeigen. Allerdings hat die Landesverwaltung nach einem ersten vorliegenden Antrag auf Entnahme eines Wolfsrudels durch dessen Ablehnung selbst die Grenzen dokumentiert, denen die Brandenburgische Wolfsverordnung durch geltendes Recht gesetzt sind oder im Vollzug gesetzt werden sollen. Daher kann es für die Zukunft keinen Zweifel geben, dass eine Überarbeitung der „FFH-Richtlinie und insbesondere eine Umstufung der Wolfspopulation von Anhang vier in Anhang fünf erfolgen muss. Langfristig wird eine Lösung dieser Probleme nur darin liegen, dass wir auch in Deutschland zur Einführung einer sogenannten „Schutzjagd“ nach skandinavischem Vorbild kommen. Die in Skandinavien betriebene Schutzjagd hat sich als schnelles und effektives Verfahren erwiesen, bei dem Probleme real gelöst werden und der Wolfsbestand insgesamt nicht nachteilig beeinträchtigt wird [7].

„Die Natur kennt weder Belohnung noch Strafe, sondern lediglich Konsequenzen!“

Die immer wieder gestellte Frage, wie viel Wölfe es dereinst für das Bundesland Brandenburg sein sollen, soll an dieser Stelle ausdrücklich nicht beantwortet werden. Eine solche Beantwortung kann nur in einem partizipativen Prozess zwischen allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen gelingen. Dass es jedoch aufgrund der jährlichen Zuwachsrate des Wolfsbestandes von 30 % einer schnellen Bearbeitung dieser Frage bedarf, zeigt allein der Umstand, dass Finnland den landesweiten Gesamtbestand der Wölfe auf 200 Tiere begrenzt, während in dem rund elf Mal kleineren Brandenburg dieser Bestand bereits heute deutlich überschritten ist.

Vom berühmten amerikanischen Freidenker Robert Green Ingersoll stammt der Satz: „Die Natur kennt weder Belohnung noch Strafe, sondern lediglich Konsequenzen!“ Es würde der Debatte um den Wolfsbestand in Brandenburg überaus gut tun, wenn sich die verschiedenen Akteure weniger mit den menschlichen Begriffen von „Belohnung und Strafe“ auseinandersetzen würden, sondern stattdessen in einer weitgehend emotionslosen Debatte die Konsequenzen in den Fokus stellen, die sich unweigerlich für ein Land ergeben, in dem Wölfe berechtigterweise existieren. Diese Übung hat Brandenburg noch vor sich!

[1] Webseite von EuroNatur unter: https://www.euronatur.org/unsere-themen/artenschutz/wolf/steckbrief-wolf

[2] Webseite WWF Deutschland unter: http://www.wwf.de/themen-projekte/bedrohte-tier-und-pflanzenarten/woelfe/verbreitung-des-wolfs

[3] verändert u.a. nach Pfannestiel, Hans-Dieter: „Der Wolf, Stellungnahme zu dieser Tierart in der Kulturlandschaft Deutschlands“, Gutachten 2017 und verschiedene Vorträge

[4] Internetseite „Alaska Department of Fish and Game“ unter: http://www.adfg.alaska.gov/index.cfm?adfg=livewith.wolves

[5] Promberger, Christoph und Hofer, Doris: „Managementplan für Wölfe in Brandenburg“, Wildbiologische Gesellschaft München e.V., Dezember 1994

[6] Landesamt für Umwelt des Landes Brandenburg: „Managementplan für den Wolf in Brandenburg 2013 – 2017“ unter https://lfu.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.3310.de/wmp_2013_2017.pdf

[7] nach Pfannestiel, Hans-Dieter: „Der Wolf in unserer Kulturlandschaft -geht das konfliktfrei?“, Zuschrift an das „Forum Natur Brandenburg“ vom 28.03.2018

 

Die Folien zum Vortrag lassen sich unter folgendem Link downloaden:

http://www.forum-natur-brandenburg.de/wp-content/uploads/2018/05/Alte-Wölfe-neue-Märchen-Folien.pdf

Der Text des Beitrages lässt sich unter dem folgenden Link downloaden:

http://www.forum-natur-brandenburg.de/wp-content/uploads/2018/05/Alte-Wölfe-neue-Märchen-Text.pdf